Zeeland – das ist im Sommer Jubel, Trubel, Heiterkeit an den Nordseestränden der bekannten Urlaubsorte wie Rennesse, Dishoek oder Oostkapelle. Zeeland im Winter ist ganz anders. Wir haben ein Wintermärchen im Dezember auf Tholen (die Halbinseln Tholen und Sint Philipsland bilden eine Insel) verbracht.Eher beschaulich und ruhig geht es hier zu. Es ist fast so, als würde sich dieses Zipfelchen Holland unter einer unsichtbaren Decke verstecken und darauf warten, im Frühling ganz sanft wieder wach geküsst zu werden.
Für uns hat Zeeland bei strahlend blauem Himmel, Sonnenschein und fast frühlingshaften Temperaturen jedoch noch schnell ein Zipfelchen der Decke gelupft und uns einen Blick auf einen ganz besonderen niederländischen Landstrich gewährt.
Inhalt:
Eine Hafenstadt, die keine ist …
Wir treffen uns an diesem Freitagmorgen mit Dhr. Louis Sauter, der mit uns eine Wanderung durch das Naturgebiet „de Pluimpot“ macht, das sich in der Nähe des Örtchens Sint-Maartensdijk befindet. Auch hier ist die Sturmflut von 1953 das über allem stehende Thema. So erklärt unser Naturführer zu allererst, dass das furchtbare Naturspektakel damals aus der einstigen Hafenstadt Sint-Maartensdijk ein Städtchen „hinterm Deich“ und ohne Meereszugang gemacht hat.
Ruhe- und Brutstätte für zahlreiche Vogelarten …
Das kleine Naturschutzgebiet „de Pluimpot“ gibt es erst seit Ende der 1950iger Jahre. Der ehemalige Meeresarm bietet heute vielen Vogelarten eine Ruhe- und Brutstätte.
Louis Sauter ist Biologe und hängt mit jeder Faser seines Herzens an „de Pluimpot“. Mit viel Leidenschaft (und Geduld) bringt er uns Fauna und Flora näher. Wir können verschiedene Vogel- und Entenarten beobachten, die sich gemütlich auf dem mit Brackwasser gefüllten Gewässer treiben lassen …… oder sich im Landeanflug befinden.Aber auch das Leben in diesem Paradies ist nicht ganz ohne Bedrohung, weiß Louis Sauter. Früher wurde im Winter immer das Schilf auf den Inselchen in der Mitte des ehemaligen Meeresarmes geschnitten, damit die Vögel im Frühling ein ideales Brutgebiet vorfinden.Bedauerlicherweise ist diese Arbeit in den letzten Jahren aus der Mode gekommen. Das hat jedoch zur Folge, dass immer mehr Vogelarten verschwinden, die früher auf den Schilfinseln ihre Nester gebaut und ihren Nachwuchs groß gezogen haben.Doch auch die Nähe der Großstädte Antwerpen (ca. 30 Kilometer) und Rotterdam (ca. 50 Kilometer) machen den Bewohnern von „de Pluimpot“ das Leben schwer.
Luft- und Wasserverschmutzung nehmen zu und sorgen dadurch dafür, dass es hier immer weniger gefiederte Freunde, die auch woanders nur noch selten zu sehen sind, gibt.
Das hier ist der ruhigste Ort in ganz Holland!
Wir geniessen die Stille, die Luft, das sanfte Plätschern des Wassers und können sehr gut nachvollziehen, wenn unser Naturführer sagt: „Das hier, das ist der ruhigste Ort in ganz Holland.“Wir schlendern mehr als das wir laufen.
Auf Dayo und Suri hat unser entspanntes Spazieren abgefärbt. Weil wir so oft stehen bleiben, kann Dayo endlich einmal jeden Grashalm ausgiebig beschnuppern. Hier mag wohl schon so manch reizende Hundedame vorbei gekommen sein, die sich verewigt hat.
Suri hingegen nutzt die Zeit, um Enten mit tödlichen Blicken zu bombardieren. Ich kann es förmlich in ihrem Gesicht ablesen, dass sie die ganze Zeit überlegt, welches die beste Taktik sein könnte, ein Federvieh zu erlegen … Und dann kommen wir an einer unscheinbaren, ganz normalen Wiese vorbei. Normal? Nein, das ist sie ganz bestimmt nicht, denn hier blühen Ende Mai/Anfang Juni Tausende von Orchideen in buntesten Farben. Das muss wunderschön aussehen.Zum Schluss geht es für uns durch eine wunderschöne Baumallee zurück in Richtung Deich.Louis Sauter hat uns so viele Dinge über Fauna und Flora erzählt und erklärt. Erstaunlich, dass es auf so einem kleinen Gebiet so viel Interessantes zu sehen und zu erleben gibt.
Kurz vor dem Hochwasser …
Dann geht es noch für einen kleinen Exkurs runter ans Wasser. Langsam kommt das Hochwasser herein.Muschel- und Austernschalen sowie die filigranen Eierbehältnisse (leider ist das entsprechende Foto komplett misslungen) der Raubschnecke dösen in der fast warmen Sonne und warten darauf, dass sie wieder vom Wasser umspült werden.Freundlich und sanft, ganz langsam und gemächlich kommt das Wasser zurück und erobert sich für ein paar Stunden wieder diese Welt aus Sand, Stein, Muscheln und Algen. Eine Sturmflut? Nein, die gibt es heute und auch in den nächsten Tagen nicht.
Noch eine interessante Anmerkung zu den Deichen: Früher kamen die Steine zur Verstärkung der Deiche aus Deutschland und Österreich (leider habe ich vergessen, um welche Sorte Stein es sich handelt.
Vielleicht liest Louis Sauter ja diesen Beitrag und kann mich hier korrigieren … 😉 …) und sie boten den Algen einen idealen Lebensraum. Seit einigen Jahren werden die Deiche mit Basalt und Betonsteinen verstärkt. Leider mögen Algen diesen Lebensraum überhaupt nicht, weil sie nicht darauf haften können …
Strandvergnügen im Winter
Gute zwei Stunden haben wir mit Louis Sauter verbracht und jede Menge gelernt. Dayo und Suri haben sich mit ihrem vorbildlichen Verhalten eine ordentliche Toberunde verdient.
Das Wetter ist herrlich, und wir machen uns auf den Weg nach Renesse, einem der bekanntesten Badeorte an Zeelands Küste. Von Sint Martinsdijk fahren wir eine knappe Stunde über viele Deiche und Brücken, bis wir unser Ziel auf der Insel Schouwen-Duiveland erreichen.Aber die Fahrt hat sich gelohnt. Mittlerweile liegen die Temperaturen bei 12° Grad und wüsste ich nicht, dass wir den 5. Dezember schreiben, würde ich glauben, dass es Frühling ist.
Wir parken direkt im Stadtzentrum. Hier sind die Geschäfte und viele Restaurants geöffnet. Nach einem schnellen und guten Mittagessen machen wir uns auf in Richtung Strand. Und dann. Ja, dann sind wir auf einmal am Strand.
Was für ein herrlicher und erlebnisreicher Tag! Zeeland im Winter. Bei dem Wetterglück, das wir hatten, war das schon eher ein Wintermärchen. Uns hat es sehr gut gefallen. Wir fanden es auch nicht schlimm, dass der Strand fast menschenleer war … 😉 …
Wer von euch war auch schon mal im Winter in Zeeland? Wie hat es euch gefallen?
Das haben wir noch in Zeeland erlebt:
- Von einem wütenden Wassermann, Austern und jeder Menge Wind
- Winterwochenende in einem Ferienhaus in Zeeland
- Vom Mittelalter an den Strand – und das an einem Tag
Offenlegung
Wir waren auf Einladung des Niederländischen Büros für Tourismus & Convention in Zeeland. Vielen Dank! Mein besonderer Dank gilt Dhr. Louis Sauter, der uns eine unvergessliche Führung durch „de Pluimpot“ ermöglicht hat.
… seufz … ich möchte Dayo oder Suri sein …
LG
Andrea
Ach, Ihr habt doch auch tolle Strände bei Euch … 😉 …
Bussi
Martina