Der Vogelsberg ist ja direkt bei mir um die Ecke, und eigentlich sollte man meinen, dass ich hier öfters unterwegs bin. Will ich auch immer, aber gerade, weil es so nah ist, werden die diversen Ausflugspläne immer wieder über den Haufen geworfen. Aber am letzten Mittwoch im Juli ist es soweit: Ich bin mit Patricia und ihrer Tochter Anna verabredet. Wir wollen – natürlich gemeinsam mit Dayo und Suri – nach Homberg (Ohm) und dort die Schächerbachtour wandern.
Von Mühlen und Buchenwäldern
Hier sollen in längst vergangenen Zeiten „Schächer“ – Räuber – ihr Unwesen getrieben haben, und auf deren geheimen Waldwegen wollen wir uns einmal umschauen.
In den vergangenen Tagen hat es viel geregnet, und an diesem Vormittag ist die Luft feucht und schwül-warm, aber immerhin regnet es nicht mehr als wir unser Ziel erreichen. Ausgangspunkt unserer Wanderung ist der Parkplatz vor der Stadthalle Homberg (Ohm). Ausgerüstet mit Essen, Getränken und einer Wegbeschreibung geht es auf die neun Kilometer lange Wandertour, die von der Vogelsberg Touristik als leicht eingestuft ist.
Anstatt gemütlich durch Park und Gartengebiete talwärts zu spazieren, krabbeln wir einen extrem naturbelassenen Waldweg, der auch relativ steil ist, hinab und sind froh als wir endlich unten sind. Während Patricia und ich leise vor uns hin meckern (wir sind ja schließlich keine 20 mehr), springt die 11-jährige Anna fröhlich vor uns her, streichelt mal Dayo und mal Suri, erfreut sich an der Kletteraktion und fragt des Öfteren nach, wo wir denn bleiben …
Einmal unten angekommen, geht es recht gemütlich weiter in Richtung Pletschmühle.
Der dazugehörige Landgasthof öffnet von April bis Dezember außer Montags täglich um 18 Uhr … für eine kleine Kaffeepause sind wir leider viel zu früh … als schlagen wir uns über eine Streuobstwiese in Richtung Wald durch.
Auf teilweise schmalen und sehr naturbelassenen Wegen geht es durch einen Buchenwald leicht bergauf. Dadurch, dass es in den vergangenen Tagen viel geregnet hat, müssen wir ein wenig aufpassen, denn Steine und Wurzeln sind etwas rutschig.
Besondere Plätze sind mit Informationstafeln bestückt wie beispielsweise der Basaltsteinbruch am Hambelborn. Wo heute frisches Grün und Moos die Steine bedecken, wurde bis 1963 Basalt gebrochen, der von der Stadt Homberg hauptsächlich für Feldwege- und Straßenbau genutzt wurde. Dann geht es erst einmal raus aus dem Wald und vorbei an einem großen Pfadfinderlager. Kurz darauf erreichen wir die „Freizeitanlage Buchholzbrücke“.
Neben einem überdachten Rastplatz gibt es hier auch einen schönen Kinderspielplatz, der an diesem Spätvormittag von Jugendlichen in Beschlag genommen wurde.
Wir folgen der Wandermarkierung weiter. Erst noch durch den Wald und dann über schöne Wiesenwege. Anna ist weiterhin ganz begeistert von unserer Tour, liest uns diverse Infotafeln vor und bekommt langsam Hunger und Durst. Ja, wir Erwachsenen auch.
Fleischwurstbrötchen und Wasserspaß
In einer kleinen Wanderhütte mit Blick über Wiesen, Koppeln und den Wald machen wir Rast und stürzen uns auf unsere mitgebrachten Fleischwurstbrötchen.
Dayo setzt seinen ganzen (sabbernden) Charme ein, um bei Anna ein Stück Fleischwurst zu erbetteln. Der arme Kerl bekommt ja nie etwas zu essen … die kleine Pause tut gut, allerdings sind wir ein gefundenes Fressen für Pferdebremsen. Keiner von uns – auch die Hunde nicht – kommt ungeschoren davon, sodass wir uns relativ schnell wieder auf den Weg machen.
Auf unserem gesamten Weg gibt es für die Hunde ausreichend Möglichkeiten für ein kleines Bad oder eine Schnauze voll Wasser.
Ganz idyllisch liegt bald der Herrnteich vor uns, der …
… ursprünglich einmal der Dorfteich eines längst verschwundenen Dorfes war. Ganz in seiner Nähe wurde ein keltischer Vierknotenring gefunden, der im Homberger Brauhausmuseum zu sehen ist. Bevor wir wieder in den Wald eintauchen, geht es über saftig grüne Wiesenwege.
Quellen im Wald und eine Jungfer auf einem Schimmel
Wieder im Wald erreichen wir kurze Zeit später die Waldquelle „Dorotheabrunnen“ und Anna informiert sich ganz interessiert über die Sage vom „Heiligen Born“, bevor wir uns in Richtung Goldborn aufmachen.
Der Goldborn ist ein wirklich verwunschener Teil des Waldes, durch den ein Bach, der direkt von Grundwasser gespeist wird, fließt. Für Anna und die Hunde sind die schmalen Waldwege und die großen Trittsteine durch das Wasser ein Heidenspaß. Patricia und ich blicken ein wenig gequält aus der Wäsche, weil dieser Teil des Weges ziemlich auf die Knie geht …
Nachdem wir Bach, Trittsteine und verschlungene Waldwege überwunden haben, erreichen wir das „Jungfernloch“.
Die Legende erzählt, dass hier vor vielen hundert Jahren eine Jungfer vom Homberger Bergschloss mitsamt ihrem Schimmel ertrunken ist … war sie auf der Suche nach ihrem Prinz? Wer weiß das schon, aber der Ort ist irgendwie mystisch. Während ich noch vollmundig erkläre, dass Suri NIEMALS in tiefes und unbekanntes Wasser gehen würde, marschiert sie einfach das Ufer hinab und immer weiter hinein in den Teich …
Und weiter geht es. Wir kommen an einen kleinen See und lassen die dortige Rast- und Grillhütte am „Schwarzen Meer“ rechts liegen. Wir befinden uns jetzt auf der letzten Etappe unserer Wanderung. Es geht über Wiesenwege, die in voller Blüte stehen, in Richtung Homberg (Ohm).
Dabei stellt sich heraus, dass Patricia eine „kleine“ Kräuterhexe ist … sie kennst sich bestens damit aus, was so rechts und links des Weges blüht und wofür es einsetzbar ist. Obwohl die Blüten durch den Regen der letzten Tage alle feucht sind, kann sich Patricia irgendwann nicht mehr zurückhalten und pflückt einen ganz Strauß.
Ein bisschen quengelig wird Anna jetzt schon, und Suri würde sich auch gerne mal eine halbe Stunde hinlegen. Jetzt haben wir immerhin unser Ziel mehr oder weniger vor Augen … ein wunderschöner Blick auf das Städtchen an der Ohm. Einige Zeit später kommen wir an einen Seitenarm der Ohm …
… den wir über große Trittsteine überqueren können und von dort aus die Hainmühle erreichen …
Mit Entsetzen stellen wir kurze Zeit später fest, dass wir wieder vor dem steilen Waldpfad stehen, den wir am Vormittag hinab gekraxelt sind. Müssen wir da nun wieder mühsam hinauf? Eigentlich nicht – ein paar Schritte weiter, und wir hätten bequem durch die Gärten und den Park wieder zu unserem Ausgangspunkt laufen können. Aber in diesem Moment haben wir nicht so weit gedacht und uns mit unserem Schicksal abgefunden, dass wir den Weg wieder hinauf schnaufen … wir haben es ja schließlich auch geschafft. Anna hat sich über uns kaputt gelacht, aber auch sie ist froh, als wir oben angekommen sind.
Wir finden, dass wir uns eine Belohnung verdient haben und machen uns auf die Suche nach einer Eisdiele. Netterweise dürfen wir die Hunde mit in das Café nehmen. Leider habe ich mir den Namen nicht gemerkt, aber ich glaube, es war das Eiscafé Venezia.
Fazit
Ich muss zu allererst der 11-jährigen Anna ein großes Kompliment machen, denn sie hat tapfer und sehr fröhlich die ganze Wanderung durchgehalten. Erst ganz zum Schluss hat sie ein wenig gequengelt, aber da waren Patricia und ich auch schon ein wenig kaputt.
Die Wanderung war sehr schön, abwechslungsreich und gut ausgeschildert (obwohl ich glaube, dass wir zum Ende hin irgendwo falsch abgebogen sind und zwei oder drei Kilometer zusätzlich durch Mais- und andere Felder marschiert sind …). Darüber hinaus werden besondere Orte/Stelle/Punkten anhand von ausführlichen Informationstafeln erklärt. Auf dem ganzen Weg gibt es immer wieder schöne Rastplätze, die zu einer kleinen Pause einladen. Für Hunde gibt es unterwegs ausreichend Trinkmöglichkeiten.
Wir sind an diesem Tag nur wenigen anderen Wanderern begegnet. Uns wurde allerdings hinterher erzählt, dass dieser Wanderweg insbesondere an den Wochenenden sehr stark frequentiert wird.
Weitere Informationen:
- Die Schächerbachtour ist neun Kilometer lang und als leicht beschrieben, da der Höhenunterschied, der zu bewältigen ist, nur insgesamt 130 Meter beträgt. Die Tour ist daher auch ideal für Familien mit Kindern.
- Anfang und Ende der Tour ist der Parkplatz an der Stadthalle (es fallen keine Parkkosten an). Hier hängt auch nochmals eine ausführliche Wegbeschreibung.
- Die Hain- und die Pletschmühle sind zwischen April und Dezember mit Gastronomie geöffnet. Die Hainmühle ist in dieser Zeit ab 11.30 Uhr durchgehend geöffnet. Die Pletschmühle ist unter der Woche ab 18 Uhr geöffnet, sonntags ab 11 Uhr, Montag ist Ruhetag.
- Homberg (Ohm) ist ca. zehn Kilometer von der nächsten Anschlussstelle an die A5 entfernt. Von Frankfurt aus erreicht man den Ort im Vogelsberg in einer knappen Stunde.
- Weitere Informationen findet Ihr bei der Vogelsberg Touristik.